5 Fragen, die du dir stellen kannst für mehr Klarheit im Dating nach Missbrauchserfahrungen.
- nataschafreisein
- 9. März
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Mai
"Mag ich ihn wirklich? Am Anfang schien alles so ausgeglichen und perfekt. Hab ich etwas übersehen? Böse und missbräuchlich ist er ja nicht. Er ist ja ein lieber Mensch. Kann ich mit ihm Schluss machen, obwohl es keinen triftigen Grund gibt? Das kann ich ihm nicht antun. Seine Familie wird wütend auf mich sein. Vielleicht wird es ja noch besser, fühlt sich endlich richtig an, wenn ich an mir und uns arbeite."
So ungefähr lautete mein innerer Dialog als ich drei Jahre nach dem Missbrauch in einer neuen Beziehung war. Wir hatten uns auf einer Dating App kennengelernt. Er war ein lieber Mensch, vorsichtig und allgemein das Gegenteil meines missbräuchlichen Ex. Vielleicht fühlte er sich sicher an und ich wählte ihn unbewusst deshalb aus.
Wirklich richtig hatte sich die Beziehung jedoch nie angefühlt. Ich spürte, dass mein Bauchgefühl sich immer wieder meldete. Ich redete mir das Bauchgefühl aus, glaubte ihm nicht, nachdem mir jahrelang meine Gefühle ausgeredet worden waren (Self-Gaslighting). Schlussendlich scheiterte die Beziehung, weil er nicht damit klarkam, dass ich keine Kinder wollte, obwohl ich ihm dies anfangs gesagt hatte.
Meiner Erfahrung nach, haben vor allem Menschen mit Missbrauchserfahrung und / oder einem vermeidenden oder desorganisierten Bindungsstil tausend Zweifel und fragen sich nach einer anfänglichen Phase der Euphorie, ob ein neuer Partner wirklich passt. Vielleicht hattest du auch schon eine erste Beziehung - oder hast sie gerade - nach der missbräuchlichen Beziehung und kennst das komische Gefühl, die ganze Zeit an der Beziehung zu zweifeln. Vielleicht möchtest du davonrennen und Schluss machen, hast aber Angst davor ihn, seine Freunde oder Familie zu verärgern oder zu verletzen oder die falsche Entscheidung zu treffen.
Die Gründe dafür?
Menschen mit Traumata aus dem Beziehungskontext, haben meist ihre eigenen Bedürfnisse und ihre eigene Wahrnehmung zugunsten der anderen Person und der Verbindung - so ungesund sie auch war - aufgeben müssen. Das führt zu einer Persönlichkeit, die sich gut anpassen kann und Schwierigkeiten damit hat, ihrer eigenen Stimme zu folgen. Dann glauben wir womöglich, dass wir für Anpassung und Aufopferung geliebt werden und Kritik niemals möglich ist, sondern zu einem Beziehungsabbruch führt. Was dann passiert, ist, dass wir tausende Gedanken und Gefühle in uns tragen und Dinge mit uns selbst ausmachen, die Beziehung sozusagen innerhalb unseres Kopfes regeln und retten wollen. Auch bindungsängstliche Menschen passen sich meist gut an, haben aber weniger oder keine Zweifel, weil ihr Wunsch nach Bindung oder sogar Verschmelzung deutlich größer ist.
Was viele traumatisierte Menschen vergessen, ist, dass es da noch ein Gegenüber gibt, dass für seine eigenen Gefühle zuständig ist und auch für die Beziehung mit-verantwortlich ist. Wir sind so daran gewöhnt, die Last für das Gelingen einer Verbindung auf uns zu nehmen und haben Angst vor Bestrafung - zu der es in der missbräuchlichen Beziehung wirklich kam - dass wir nicht reden. Immer tiefer setzen sich bestimmte Gedanken und Gefühle fest und irgendwann kommt es dann meist zu einem Knall (laut oder leise) und die Beziehung kommt zu einem Ende. Hinzu kommt, dass wir uns Beziehungen häufig schön reden, eine unbewusste Taktik, die oft aus der Kindheit kommt. Denn ein Kind, dass Missbrauch oder Vernachlässigung erlebt, muss sich gezwungenermaßen die Bezugspersonen schön reden, da sein Leben von ihnen abhängt.
Dass sich viele Menschen mit Missbrauchserfahrung immer wieder auf nicht-passende Partner einlassen ist ein anderes Thema, das ich in meinen Blog-Artikeln bearbeite.
Wie also kannst du ein besseres Gespür dafür bekommen, ob die neue Beziehung, der neue Mann, den du gerade datest, wirklich passt?
Hier sind fünf Fragen, die du dir stellen kannst, um besser zu spüren, ob diese neue Beziehung dir gut tut oder du sie nur aufgrund alter Muster und Überlebensstrategien aushältst.
Wenn du einen Knopf drücken könntest, mit dem die Beziehung ohne Konsequenzen beendet wäre, würdest du es tun?
Ist dein Partner bereit an eurer Beziehung und an sich zu arbeiten - du solltest natürlich auch stets an dir und deiner Kommunikationsfähigkeit arbeiten - oder macht er dicht / glaubt nicht daran, an einer Beziehung arbeiten zu müssen?
Auf einer Skala von 0 bis 10 (0 = gar nicht, 10 = sehr), wie sehr bleibst du in dieser Beziehung / Kennenlernphase, weil du glaubst, dass dein Bindungsmuster und dein Trauma deine Wahrnehmung stören und du aufgrund dessen vielleicht einfach nicht sehen kannst, wie toll die Beziehung ist?
Hältst du an der Beziehung / der Kennenlernphase fest, weil du glaubst, dass das Schluss-Machen ein Beweis dafür wäre, dass du zu kaputt bist für eine Beziehung?
Traust du dich nicht Schluss zu machen, weil du glaubst, ohne triftigen Grund (Missbrauch an dir) ein böser Mensch zu sein?
Zweifel und Unsicherheiten beim Dating und der ersten Beziehung nach Missbrauch sind für die meisten Frauen mit Missbrauchserfahrung normal. Je mehr du lernst in Kontakt mit deinen Bedürfnissen zu kommen und diese als wichtig und richtig zu erachten, desto eher wirst du Beziehungen eingehen, die wirklich passen und wirst offener kommunizieren. Je mehr du erkennst, dass das erlernte schlechte Gewissen bei Abgrenzung halt eben nur erlernt ist und gekoppelt ist mit deinem Nervensystem und je mehr du lernst dein Nervensystem zu regulieren, desto leichter wird es dir fallen, zu spüren, was richtig und falsch für dich ist.
Falls du mehr in Kontakt sein möchtest mit deinen Bedürfnisse und Grenzen und diese ohne ein schlechtes Gewissen kommunizieren möchtest, um so den passenden Mann anzuziehen und eine gesunde Beziehung zu formen, kontaktiere mich für eine 1:1 Begleitung.
Deine Natascha
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