Die eine Eigenschaft, die du aufgeben musst für Liebe nach Missbrauch.
- nataschafreisein
- 24. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Mein ganzes Leben lang wollte ich geliebt und gemocht werden. Wollte auserwählt werden. Wollte Bestrafung vermeiden, Konflikten aus dem Weg gehen. Ich wollte niemanden verletzen, wollte es allen Recht machen. Genau damit macht ich es mir unmöglich, Liebe zu finden und ein zufriedenes Leben zu führen.
Ich wollte einfach sein.
Denn ich glaubte unbewusst, dass wenn ich einfach wäre und keine Ansprüche und Beschwerden hätte, eher geliebt werden würde. Je weniger ich von meinen Bedürfnissen, Grenzen und Emotionen kommunizierte, desto einfacher war es doch mich zu lieben, oder nicht? Wie ein geschliffener Diamant wäre ich dann doch wertvoller, oder nicht?
Indem ich eine Persönlichkeit kreiert hatte, die einfach war und es allen Recht machte, die versuchte überall locker und lässig zu sein, negierte ich mein wahres Wesen. Denn ich war nicht einfach. Niemand ist einfach. Wir sind alle komplexe Wesen mit Bedürfnissen und Grenzen und unserer ganz eigenen wilden und spannenden Art.
Doch ich kannte es nicht, Ansprüche zu haben. Die kleinsten Entscheidungen überließ ich anderen. Denn was, wenn mein Wunsch nicht der meines Gegenübers wäre? Ich wollte nicht riskieren mit meiner Meinung blöd dazustehen oder abgelehnt zu werden. Ich negierte mich selbst bis zum Umfallen, bis ich mich selbst vergaß, um von einem Mann geliebt zu werden, der nicht lieben konnte. Nichts von mir war mehr übrig.
Einfach zu sein, scheint auf den ersten Blick ansprechend. Vor allem für People-Pleaser. Wir glauben dadurch anderen zu gefallen. Wir sagen die Dinge von denen wir glauben, dass andere sie hören wollen, kleiden uns so wie wir glauben aussehen zu müssen, handeln so wie wir glauben handeln zu müssen für Anerkennung. Wir schlucken unsere Meinung herunter und passen sogar unsere Sprache an. Wir werden zu Chamäleons. Und genau das ist ein Automatismus; wir entscheiden uns nicht dazu, anderen gefallen zu wollen, es geschieht automatisch, weil wir es meist in unserer Kindheit gelernt haben. Aufmüpfig sein, unsere Meinung sagen, nicht ständig nicken oder lächeln fühlt sich für uns bedrohlich an.
Ständige Anpassung, ständiges lieb und nett sein führt zu immenser körperlicher und emotionaler Anspannung. Denn beides ist eng miteinander verwoben. Glauben wir nur sicher zu sein, wenn wir uns anpassen, müssen wir ja immerzu wachsam sein und Situationen erkennen, in denen wir uns selbst aufgeben müssen. Für ein paar Stunden ist das vielleicht okay, aber wenn wir 24/7 so leben, ist unser Körper ohne Unterbruch angespannt und vor allem ängstlich. Denn die größte Angst - die vor Ablehnung und dem Verlassenwerden - wird ja nie wirklich abgewendet, sondern nur hinausgezögert. Indem wir uns verstellen, schlucken wir immer wieder unsere Angst und auch gesunde Wut (Wunsch nach Eigenständigkeit und Abgrenzung) herunter.
Genau diese Fähigkeit dich anzupassen, verhindert das Finden von echter Liebe, Respekt, Anerkennung, Verbindung und vor allem innerer Ruhe.
Wir kannst du also lernen, mehr du selbst zu sein?
Erkenne an, dass du dich lange verstellt und angepasst hast, um als einfach zu gelten.
Habe Selbstmitgefühl mit dir. Anpassung ist eine Überlebensstrategie, die damals Sinn gemacht hat.
Beobachte über mehrere Wochen, wo du dich am meisten anpasst, um als einfach zu gelten: Auf der Arbeit, in Freundschaften, beim Dating, etc. Wo ist der Drang am stärksten?
Versuche in den Momenten der Anpassung körperlich zu spüren, dass du dich anpasst. Habe Mitgefühl und ertappe dich bei der Anpassung.
Versuche als nächstes, kleine Aspekte deines wahren Wesens hindurchscheinen zu lassen. Teile deine Meinung, äußere ein Bedürfnis oder eine Grenze. Lächle ein kleines bisschen weniger häufig.
Beobachte, wie dein Körper sich dabei fühlt. Vermutlich spürst du Angst. Das ist normal. Angst überwinden wir nur, wenn wir Dinge tun, obwohl wir Angst haben.
Verbinde dich mit deinem Körper und den Körperregionen, die sich sicher anfühlen. Oft sind das die Füße oder Hände. Tue dies im Alltag und vor allem nach Situationen, in denen du zum ersten Mal authentisch bleibst.
Mehr man selbst zu sein nach einem Leben voller Anpassung, braucht Zeit und oft Unterstützung durch eine Therapeutin.
Am aller wichtigsten ist es, dass du mitfühlend mit dir umgehst. Mach dir immer wieder bewusst, dass du gerade dabei bist dein Nervensystem umzuprogrammieren, ein Nervensystem, das schon in deiner Kindheit gelernt hat, das Anpassung am sichersten ist.
Deine Natascha
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